Ich will aber!

Zweite Woche Spielzeugfrei und wir sind mittendrin. Dario ist gerade dabei seinen Standpunkt klar zu machen. Ich will aber! Das ist meins! Nein, so geht das Spiel! Er befielt und dirigiert das Spiel der ganzen Kindergruppe. Am Rande die Kindergartenlehrperson, was macht sie? Soll sie es zulassen, dass Dario das Spiel bestimmt und über Recht und Ordnung herrscht? Ich will eingreifen, denkt vielleicht auch die Kindergartenlehrperson…

Eine Pattsituation

Wäre nicht Spielzeugfrei, würde die Kindergartenlehrperson vermutlich eher eingreifen. Und jetzt? Sie beobachtet die Situation. Sie ist aufmerksam und entschliesst sich zu warten, wie die Kindergruppe auf das Bestimmen von Dario reagiert. Also doch keine Pattsituation, die sofort beendet werden muss. Doch sich zurückhalten, ist für die Kindergartenlehrperson im Projekt Spielzeugfreier Kindergarten eine Herausforderung. Doch, wenn es gelingt, dann kann etwas Neues entstehen und die Kinder können sich für sich und ihre Bedürfnisse einsetzen.

Blauer Stuhl

Ein Kind hat genug von Dario. Es läutet den Gong. Alle Kinder kommen zum blauen Stuhl. Klassenkonferenz: Das Kind auf dem blauen Stuhl erzählt seinen Unmut. Es mag nicht mehr nach der Pfeife von Dario spielen! Was nun? Dario ist sprachlos, er kennt das nicht, dass jemand anders denkt als er. Die Kindergruppe bespricht sich und finde eine Lösung.

Time-out

Dario soll sich fünf Minuten in der leerstehenden Bauecke mit sich selber beschäftigen. So ganz ohne Spielmaterial wollen ihn die Kinder dann doch nicht lassen. Sie bringen ihm ein paar Chiffontücher und holen bei der Kindergartenlehrperson eine Sanduhr. Ganze fünf Minuten, so die Abmachung, soll Dario Zeit mit sich selber verbringen.

Die Kindergartenlehrperson ist mit sich am ringen. Kann sie das zulassen? Ist das nicht gemein für Dario? Doch beim betrachten der Klasse, scheinen alle Kinder mit dieser Lösung einverstanden. Auch Dario.

Fünf Minuten später

Alle  Kinder spielen vertieft miteinander. Ausser Dario. Er ist vertieft in ein Spiel mit sich selber und den Chiffontücher. Er wirkt entspannt und zufrieden.

Und die Kindergartenlehrperson? Sie ist froh, dass sie sich zur Zurückhaltung entschieden hat, auch wenn es ihr schwer fiel. Am Schluss des Vormittags wird sie bei der Auswertung diese Situation nochmals mit den Kindern reflektieren.

Susanne Wasserfallen – aufgeschnappt an einem Praxisgruppentreffen